„SCHLENGLGEPLÄNGL“ 8/2020 Urlaub an Bord mit zwei Bagaluten

Wir hatten 14 Tage Erholung (wovon eigentlich? wir tun ja nix), 14 Tage Spaß und Gaudi und dann wieder 14 Tage Erholung. Von der Erholung will ich euch gar nichts berichten, aber die 14 Tage mit unseren zwei 5- und 9-jährigen Enkelsöhnen.
An einem Morgen, Mitte Juli, wurden uns die zwei Bagaluten nach Langballigau (Flensburger Förde) gebracht. Nach Stunden am Strand, Essen und Kaffeetrinken verabschiedeten sich die Eltern am Abend, nicht ganz ohne Bedenken, von ihren „Gören“. Bedenken, ob wir Großeltern die 14 Tage ohne größere Schäden an Leib und Leben überstehen und aber auch, ob sie selber ohne ihre kleinen Lieblinge so ganz allein zuhause überleben würden. Ich nehme es vorweg, wir haben es alle geschafft (auch Bertha unser Hund) und es war für alle eine ganz tolle Zeit.
Das Sgeln steht für Kinder ja nicht unbedingt im Vordergrund. Das musste auch Opi erst wieder lernen. Anders als mit unseren drei eigenen Kindern, hat Omi sich durchsetzen können und es wurden keine 8/9 Stunden Törns geplant. Nach 3 Stunden max waren wir jeweils in einem anderen Hafen und der tägliche Ablauf konnte beginnen:
Beim Ein- und Auslaufen wurde „Jetzt fahr´n wir über´n See“ geträllert oder auch mal gegrölt. Fender vorbereiten, Vor- und Achterleinen klar, gucken, wo ist eine grün gekennzeichnete Box. Dann Achterleinen über die Heckpfähle , Fender außenbords (die wurden schon ab Tag 3 nur noch cool per Fußtritt von dem 5jährigen rausgekickt), Leinen evtl. Helfern an Land an den Kopp schleudern, Enden wieder zurück nehmen, mit sauberen Kopfschlägen auf den Klampen belegen, fertig.
Ich weiß ja nicht, wie das so bei euch läuft, aber beim An- und Ablegen waren Opi und ich ziemlich arbeitslos. In spätestens zwei Jahren, wird der Große das Ruder auch noch übernehmen und der Kleine wird uns zeigen wie wir wesentlich effizienter den zweifachen gordischen Knoten hinkriegen. Es ist unglaublich, wie schnell beide das Bordleben und auch 3,4 verschiedene Knoten drauf hatten. Na gut, der Kleine verkaufte auch seine Gordischen für richtige Palsteks und war davon nicht abzubringen, aber der Große, perfekt. Was braucht man alles mit Kindern an Bord? Früher hatten wir mit unseren eigenen 3 Kindern einen 20er Jollenkreuzer ( 7,75 x 2,65 m, keine Stehhöhe, kein Waschbecken oder WC, keinen Wassertank). Wir lebten Minimalismus. Die beiden Rabauken sollten also auch nur das zum Überleben Nötigste mitbringen. Laptop , Nintendo-Switch, Gameboy wurden von unserer Seite gleich abgelehnt, da wir möglichst ohne Strom auskommen wollen. CD´s waren erlaubt, da wir so ein „Abspielgerät“ dafür an Bord haben. Eimer, stabile, langstielige Metallschaufeln, Kescher, Krebsangeln, Taschenmesser, Roller, Bücher, CD, Spiele, Malstifte, Autos, große Kuscheltiere (in Dänemark wurde noch nachgekauft), eine große Tasche mit Outdoor- Klamotten (die Gummistiefel mussten erst einmal in halbstündiger, mühevoller Arbeit vom heimatlichen Acker befreit werden) und dann so bummelig Wäsche für 14 Tage. Und bei diesen Sachen bleibt es nicht. Es kommt aus jedem Hafen ja noch etwas dazu. Steine, Glasscherben, Stöcker, Muscheln und, wenn man nicht aufpasst auch Knochen, oder auch Gräten. Knochen und Gräten mit noch was da dran. Es ist ja unglaublich, was Kids so finden. Das Anbordbringen des halb verwesten Seehundbeckenknochen und auch die, wahrscheinlich von einer Möwe im Zweikampf mit einem Artgenossen, verlorene Salzwasserbrasse (gibt es so was?), konnten wir gerade noch verhindern. Sie wurden auf dem Steg, genau vor unserem Schiff, zwischengelagert. Die Brasse wurde später vorsichtshalber wieder dem Element Wasser anvertraut, vielleicht gab es ja ein zweites Leben für sie und der Seehundbeckenknochen wurde großzügig einem anderen Jungen
überlassen, der beim Finden dieses Schatzes dabei war. Na, die Eltern werden
sich gefreut haben. Ein Traum von mir ist, einmal mit allen 4 Enkelkindern (wir haben ja schließlich auch noch zwei Enkeltöchter) einen längeren Urlaub zu machen.
Wie soll das gehen? Puppen, Puppenwagen, Laufrad, anderes Sandspielzeug schließlich wollen die Mädels auch mal einen Sandkuchen backen, noch mehr Teddys, Puzzles, Playmo und Glitzerperlen, zum Ketten selber basteln??????????

Wir brauchen ein größeres Schiff !


Wie haben wir das damals mit 3 Kindern auf dem Jollenkreuzer gemacht? Und wir waren fast immer 4 Wochen am Stück weg. Ach, jetzt fällt es mir ein, damals hatten wir noch keinen Hund. Da hatten wir nur ne Katze. Ja, dann….
Ich mag gar nicht daran denken, was uns unsere zwei Mädels an Bord schleppen könnten. Sie sind beide sehr tierlieb. Gerade Spinnen, Käfer oder Würmer würden sicher den Weg zu uns an Bord finden. Mit Mäusen, lebend oder auch schon tot, müssten wir uns dann arrangieren. Jedem Krebs und jeder Qualle, die wieder in die Freiheit entlassen werden, wird dann stundenlang hinterher gewunken. Wir kämen aus keinem Hafen wieder weg.
Macht nichts. Auch wenn wir 14 Tage in einem Hafen verbringen müssten, dass wäre es uns wert. Die Zeit mit unseren Bagaluten an Bord ist für beide Seiten eine absolut klasse Erfahrung gewesen.
– Die Kinder wissen jetzt, Omi schnarcht auch an Bord und Opi hat keine
Seepocken auf den Ohren, da pellt nur die Haut ab.
– Wir wissen, dass es uns nichts ausmacht, wenn andere Bootsbesatzungen
irritiert beim Absingen unserer Ein- und Auslaufhymne gucken.
Und das wir auch heute noch das Ende der Käpt´n Sharky CD nicht hören, weil wir wieder vorher eingeschlafen sind.
Eigentlich hat sich seit damals gar nicht so viel geändert. Nach wie vor liegen die Kinder mit dem Bauch auf den Stegen um Krebse zu angeln. Immer noch können die Kids sofort mit dem Beiboot umgehen, weil es keinen Außenborder bei uns gibt. Auch diese Kinder meckern, wenn es heißt Schwimmwesten anziehen. Und immer noch bringen diese kleinen Schätzchen Unmengen von Sand und Dreck an Bord, deutlich mehr als unser Hund.
Als unsere Bagaluten nach genau 14 Tagen wieder abgeholt wurden…..wurde alles anders. Einige Schapps waren plötzlich leer, in der Backskiste konnte man wieder Sachen lagern und auch finden. Schwimmwesten, Schuhe, Strümpfe, Schlüpper von gestern lagen nirgends mehr rum, Malstifte mussten nicht mehr mühsam zwischen den Grätings gepult werden. Einkäufe bestanden nur noch aus 3-4 Produkten, Kein mit Wäscheleinen eingesponnenes, und mit fröhlich flatternder Wäsche behängtes Schiff mehr. Der Hund kam zur Ruhe und wurde nicht mehr tot gequatscht. Keiner aß uns die Süßigkeiten weg. Ich musste nicht mehr zu j e d e r Zeit Essen liefern. Keine Fußballspiele mehr Klein gegen Groß bei denen wir deutlich unterlagen, keine Wasserspiele mit Kindern und Hund.

Die letzten 14 Tage wurden dann sehr ruhig. Auch schön. Wir konnten lesen und schlafen bis wir nicht mehr wollten. Die Segeltörns wurden ein paar Stunden länger. Bertha (unser Hund) konnte wieder vor sich hindösen. Und, dass Schiff war plötzlich groß wie nie.
Unser Ziel für nächstes Jahr: Endlich mal das Ende einer Hörspiel-CD erleben, denn das wir noch mal ohne ein Enkelkind Urlaub machen, kommt nicht in Frage. Das werden die betreffenden Eltern lernen müssen.

Bleibt alle gesund
Oma Biggi